Krise als Chance begreifen!
Wenn EZB-Chef Draghi sich mit Helikoptergeld beschäftigt, dann scheint es tatsächlich möglich. Jeder EU-Bürger bekommt einen Scheck ausgestellt.
Ob dieser Scheck noch gedeckt ist?
Das erschreckende sind nicht nur die Maßnahmen, die ergriffen werden, sondern die Situation,
die nicht unter Kontrolle ist. Die Wirtschafts- und Finanzwelt steuert auf die nächste Krise zu.
Wenn der Markt bereits mit billigem Geld durch Zinsen nahe null Prozent geflutet und die EZB weiterhin Staatsanleihen im Ausmaß von 80.000.000.000 Euro monatlich ankauft dann kann
man am Ende noch Helikoptergeld verteilen um sicher zu sein, wirklich alles versucht zu haben.
Hier wie dort – in der großen EU-Politik und – Wirtschaft wie im landwirtschaftlichen Familienbetrieb – sind in der Krise aber eben auch unangenehme Maßnahmen und Reformen gefragt. Alles muss auf den Prüfstand. Tabulos. An denjenigen Betrieben, die dies durchziehen, darf sich die EU ein Beispiel nehmen.
Genau wenn einem nämlich Zukunftsfähigkeit und dauerhafter Betrieb am Herzen liegen
ist es an der Zeit, sich an die Ursachen zu machen, und nicht nur Symptome zu behandeln.
Agrarpreise im Keller – und langfristig im Auf und Ab
Noch vor wenigen Jahren stand an den Agrarmärkten alles unter dem Zeichen des Mangels an Rohstoffen und dem Glauben daran, dass in bestehenden und neuen Märkten immer noch mehr Fleisch und Milch konsumiert wird. Diese Aussichten wurden kaum mehr hinterfragt. Man wollte schon fast eine Gesetzmäßigkeit erkennen.
Heute ist der Überschuss das beherrschende Thema. So schnell kann und wird es immer wieder gehen. Nach oben und nach unten.
Das andauernde Preis-Tief auf den Agrarmärkten hat eine Verunsicherung über die eigene betriebliche Zukunft mit sich gebracht. Die Sorge um die nackte Existenz ist bei den weniger erfolgreichen Landwirten sehr präsent. Es entstehen enorme Liquiditätsprobleme bei zu stark
mit Fremdkapital investierten Betrieben, die ihre Produktionsprozesse nicht 100% beherrschen, nicht in Kostenführerschaft sind, oder keine relevanten verbesserten Marktzugänge haben.
Die Zeichen stehen auf Marktbereinigung, und es werden sich Betriebe vom Markt zurückziehen.
Gnadenlose Märkte?
Wer dabei alles mit der Gnadenlosigkeit des Marktes und der Macht des Handels erklärt, greift
zu kurz. Seit Jahren nimmt das Angebot von Fleisch und Milch zu. Es wurden enorme Produktionskapazitäten geschaffen. Nun ist die erste auf das Milchquoten-Ende folgende Preisphase anhaltend schlecht, und schon wurden Hilferufe an die Politik laut. Das bringt unter Umständen Linderung und Verzögerung aber keine notwendige Veränderung.
Das Prinzip Hoffnung (auf bessere Erzeugerpreise, sinkende Kosten, fairen Handel) oder Wegducken hilft nicht. Es helfen nur wirkliche Entscheidungen auf Basis der Fakten und deren Umsetzung. Alles andere kostet nur wertvolle Zeit und Geld.
Mit guten Konzepten antizyklisch investieren!
Die Betriebe, die sich um Weiterverarbeitung und Vermarktung bemüht haben – mit Konzept
und viel Zeit, Herzblut und Kapitaleinsatz – stehen heute stabiler da, sofern sie ihre Kosten im
Griff haben.
Es braucht also beides!
Für Betriebe, die ein stimmiges Konzept haben – Arbeit und Kosten im Griff sowie gute Wertschöpfung – lohnt es sich auch speziell in der jetzigen schwachen Marktphase zu investieren. Diese Betriebe haben sich optimal positioniert: sie sind in Kostenführerschaft und/ oder haben sehr gute und direkte Marktzugänge.
Unterschiede im Ergebnis zwischen gleichartigen Betrieben betragen in der Milch heute 10Ct/kg, 10€ pro Schwein, 10€ pro Ferkel oder im Ackerbau 500€/ha und mehr. Das hat sowohl mit der Kosten- als auch der Erlösseite zu tun.
Betriebe jetzt konsolidieren!
Auch bei weniger erfolgreichen Betrieben ist unternehmerisches Agieren angesagt.
Speziell in der Krise gilt es, sich mit der Wahrheit auseinanderzusetzen, nachzudenken
und sachlich zu entscheiden.
- Technik und ihre Auslastung prüfen!
- tiefer gehende Kooperationen prüfen!
- Verkauf von nicht unbedingt betriebsnotwendiger Substanz prüfen!
Nach akuter Sanierung und Konsolidierung lohnen sich unserer Erfahrung nach in jedem Betrieb Gedanken über verbesserte Vermarktungsmöglichkeiten.
Fahren Sie Ihren Ferrari nicht wie einen Fiat!
Ein Großteil der Landwirte akzeptiert – so scheint’s – die Rolle als schwächstes Glied in einer sehr ertragreichen Wertschöpfungskette, und fordert zum Ausgleich Unterstützung durch die Politik oder Gnadenbrot von den Marktpartnern. Das Ganze gipfelt in einer nach außen getragenen Leidensfähigkeit. Das muss sich ändern.
Im Rahmen des FARMSUCCESS-Projektes (www.farmsuccess.de) waren wir im Sommer in Spanien in einer Genossenschaft von Olivenanbauern. 1.200ha Olivenhaine werden bewirtschaftet, rund 2,2 Mio kg Olivenöl sind auf Lager. Es werden nur 10% der Menge in Flaschen abgefüllt. Teilweise werden 3- und 5-Liter-Platikkanister vermarktet. Der Rest geht an den Großhandel im Fass oder Tanklastzug.
Das Olivenöl hat exzellente Qualität, und wird tatsächlich verramscht. Lassen wir die Lagerfähigkeit und Verderblichkeit einmal außen vor: das ist das Gleiche wie wenn jeden Tag der Tanklastzug die Milch am Hof absaugt.
Viele landwirtschaftliche Betriebszweige wirken wie ausgelagerte Produktionsstätten der Verarbeiter oder des Handels: kostengünstig höchste Qualität liefern, just in time und zu niedrigsten Preisen – und dazu das komplette Produktionsrisiko tragen.
Das gleiche Schicksal droht auch Biogasbetrieben nach den ersten 20 Jahren garantierter EEG-Vergütung. Der Landwirt soll weiter verlässlich liefern. Verdienen werden andere, wenn sich die Landwirtschaft nicht schleunigst um Produktdifferenzierung und die Vermarktung auch ohne EEG kümmert. Dass immer nur die anderen verdienen muss nicht sein, weder in der Nahrungsmittelerzeugung noch im Energiebereich.
Nachhaltige Veränderung zu Gunsten der Landwirte wird nicht durch die Politik kommen und auch nicht vom Markt. Die Veränderung muss von Landwirten selbst kommen.
Lassen Sie den Fokus auf einer hocheffizienten exzellenten Produktion!
Dann legen Sie noch einen zusätzlichen Fokus auf exzellente Marktzugänge für Ihre Produkte!
Wann soll es losgehen? Jetzt!
Wir in der Hof und Leben GmbH unterstützen Sie gerne darin wieder mehr Verantwortung und mehr Anteil an der Wertschöpfung in Ihre Hände zu bringen. Daran arbeiten wir seit 7 Jahren pragmatisch und sehr erfolgreich gemeinsam mit unseren Landwirten und Netzwerkpartnern.
Kirchdorf, im Dezember 2016