Selbstverständlich Unternehmer!
Wir erleben gerade, dass sich die langfristigen Prognosen, die Bestandteil eines jeden Ausblicks in die landwirtschaftliche Zukunft bereits im 20. Jahrhundert waren, immer mehr auch in Europa bestätigen und auswirken.
Ob Bevölkerungswachstum und Migration, Klimawandel, Energiebedarf, Wasserverfügbarkeit, veränderte Ernährungsgewohnheiten, Flächenverlust, sinkende Bodenqualität: die Probleme und Herausforderungen der Megatrends wurden beschrieben. Mehr nicht.
Es wurden keine Lösungen erarbeitet und erst recht nicht umgesetzt.
Und das, obwohl klar war, dass eine Zuwanderung kommen würde, und der Klimawandel auch vor Europa nicht halt macht. Es gibt nun wirklich nichts Neues auf dieser Welt. Jedoch rücken für uns hier in der zweiten oder dritten Nachkriegsgeneration die Probleme geographisch ungewohnt nah heran. Wir werden wieder direkt mit Krieg, Hunger und Armut sowie den Folgen dieser Not konfrontiert.
Nach Jahrzehnten von Studien, Reden und guten Willensäußerungen sieht man sich von der aktuellen Realität überrollt. Aus Trends und globalen Entwicklungen wurden regionale Konsequenzen, mit denen auch in der Mitte Europas umgegangen werden muss.
„Eines Tages wird alles gut sein, das ist unsere Hoffnung.
Heute ist alles in Ordnung, das ist unsere Illusion.“– Voltaire
Fragen an das aktuelle politische und (finanz-)wirtschaftliche System werden intensiver – mittlerweile auch gestützt von päpstlicher Seite. Mit deutlichen Worten mahnt der Pontifex in seiner Enzyklika zu raschem Handeln in der Klimapolitik und zu einem Umdenken hin zu mehr Verantwortung in der Wirtschaft.
Perspektivlosigkeit ist das Problem.
Menschen brauchen Hoffnung. Sie wollen eine Chance auf gutes Leben. Wenn Menschen vor Ort keine Perspektive mehr haben – ein ausreichendes Hauswirtschaften in erträglicher Umwelt und in Frieden nicht mehr möglich ist – spätestens dann setzen sie sich in Bewegung. Egal wo hin.
Die große Frage, die dahinter steht: Schaffen wir eine weltweite Evolution hin zu nachhaltigem Wirtschaften hinsichtlich Ökologie, Ökonomie und Sozialem oder braucht es eine Revolution?
Es braucht eine Veränderung. Das ist allen klar.
„Wenn wir wollen, dass alles so bleibt, wie es ist,
dann ist es nötig, dass sich alles verändert.“– Giuseppe Tomasi di Lampedusa
Die Hof und Leben GmbH sieht die aktuellen Entwicklungen mit Sorge, aber auch mit Vertrauen in die Handelnden, insbesondere in die Menschen und Unternehmer vor Ort, die mit beiden Beinen in der Wirklichkeit und Praxis stehen. Es ist jeder Einzelne aufgerufen, seinen Beitrag zu leisten, umso mehr, wenn keine geeigneten Regelungen und Rahmenbedingungen durch die Gesetzgeber geschaffen werden.
Die Politik steht sicherlich in der Verantwortung. Aber daneben auch jeder Einzelne und die Gesellschaft als Ganzes. Allein der Hilferuf an die Politik und die Kritik am System genügt nicht. Im Gegenteil: die Politik scheint überfordert, und das System gibt nicht die richtigen Anreize.
Der Hilferuf an die Politik
In diesen Momenten, in denen viele Europa am Scheideweg sehen, kommt auch noch ein starker Hilferuf an die Politik aus dem landwirtschaftlichen Sektor. Schnell werden einige hundert Millionen Euro zusammengeschnürt zum Hilfspaket. Es sind Beruhigungspillen für einen Sektor in Aufruhr.
Es wird einmal mehr Ursachenforschung vermieden, und es werden nur Symptome behandelt.
Wir erleben tatsächlich in manchen Betrieben eine die wirtschaftliche Existenz bedrohende Phase.
Wir stellen uns die Frage, ob der Hilferuf Ausdruck einer gewissen Hilflosigkeit im Umgang mit freieren Märkten ist. Nach sehr erfolgreichen letzten Jahren hätte man etwas mehr Liquidität erwartet, um schwächere Marktphasen zu durchlaufen.
Wenn in manchen Betrieben nicht einmal in diesen vergangenen guten Jahren ausreichende Reserven geschaffen werden konnten, dann wirft das weitere Fragen auf. War der Bedarf an Ersatzinvestitionen schlicht zu hoch? Hat man sich bei Neuinvestitionen verhoben? Und wollte man auch hier die langfristigen Trends und Vorhersagen nicht wahrhaben?
Es stellen sich auch Fragen nach dem Anspruch der Unternehmer an sich selbst und an den Betrieb. Es wird häufig davon gesprochen, dass Landwirtschaft mehr als ein Geschäft sei. Landwirtschaft sei eine Lebensart, die stark auf Werte wie Solidarität, Beständigkeit und Verlässlichkeit aufbaue.
Das ist richtig und gut, und gerade um diese Werte zu halten braucht es auch eine Rendite-
erwartung an den Betrieb, wenn er Grundlage der Lebenshaltung sein soll. Hierzu braucht
es unternehmerische Ungeduld, konkrete Ursachenforschung, unbedingtes Streben nach
einer Lösung – und auch den tabulosen internen Diskurs. Diesen braucht es in erfolgreichen
Zeiten genauso wie in weniger erfolgreichen.
Es braucht Entscheidungen und deren Umsetzung: Optimierung, Diversifizierung, Wachstum, oder auch STOP. Es gilt, Chancen zu ergreifen, und die Perspektiven für den eigenen Betrieb zu nutzen.
Wie geht es Ihnen mit Ihrem Betrieb? Erwirtschaften Sie ausreichendes Einkommen damit? Wie machen Sie das? Diese einfachen Fragen sind zentral in unserer Unternehmensberatung.
Wichtig ist, die eigenbetrieblichen Ursachen für positive oder negative Entwicklungen zu identifizieren, und davon ausgehend den Betrieb zu stärken. Das ist betriebene Vermögens- und Wohlstandssicherung. Auch in einer Krise und aus einer Krise heraus.
Wir sollten speziell in einer Krise weniger auf staatliche Hilfe setzen als den Fokus auf uns selbst als eigenverantwortliche Unternehmer richten. Es geht um den Blick auf das Wesentliche – auf das von uns Beeinflussbare.
Ernüchterung nach dem Goldrausch
Auch die Banken reagieren auf die pessimistische Stimmung der Branche und auf die ihnen vorliegenden wirtschaftlichen Ergebnisse. Sie wirken ernüchtert nach dem Goldrausch der letzten Jahre. Die Prognosen sind weniger euphorisch. Die Landwirtschaft ist aber nochmals fremdkapitalintensiver geworden, obwohl der Ertragswert weiterhin deutlich hinter dem Verkehrswert der Betriebe zurückbleibt. Herausfordernde Finanzierungs-Situationen bahnen sich ihren Weg. Investitionen in Technik und Anlagen geraten in Konflikt mit der langen Laufzeit ihrer Amortisation.
Im sicheren Gefühl hoher Preisniveaus in Ackerbau und Viehzucht, und auch weiterhin mit der Sicherheit garantierter Vergütungen im Bereich erneuerbarer Energien wurde auf manchen Betrieben die laufende Kostenkontrolle und Kostenreduktion spürbar vernachlässigt.
Der Fokus war zu sehr auf Wachstum und weniger auf Optimierung des Ganzen gerichtet.
Dieser Eindruck verfestigt sich in unserem Haus mit Blick auf die operative Leistbarkeit.
Familienbetriebe kommen an ihre Leistungsgrenzen hinsichtlich der Arbeitszeit.
Wenn am Ende keine Zeit für die Familie bleibt, und das finanzielle Ergebnis nicht zufrieden stellt, gerät mehr in Gefahr als nur der Unternehmenserfolg.
Unternehmer leben in und von Ihrem Umfeld. Leben, Lieben und Arbeiten müssen eine Einheit bilden. Das ist mehr als Work-Life-Balance. Sinn und Zweck von Unternehmen liegt auch in einer Verantwortung gegenüber diesem Umfeld, der Familie und der Gesellschaft.
Orientierung am Sinn
Wenn landwirtschaftliche Unternehmen diese Orientierung verloren geht, sie nicht mehr wissen, warum sie überhaupt unternehmerisch tätig sind – eine Sinnperspektive fehlt –, dann fehlt ihnen Kraft und Energie.
Wir – Willburger und Dreer – sind Unternehmer, die sich und ihr Tun stetig hinterfragen. Wir stellen uns in der Hof und Leben GmbH immer wieder die Sinnfrage. Welchen Beitrag leisten wir für „unsere“ Betriebe? Schaffen wir konkreten Mehrwert und stiften Nutzen? Machen wir die Mandanten glücklich? Bieten wir Lösungen?
Ja, das schaffen wir. Und wenn wir dies nicht mehr schaffen würden, gingen wir in schonungslose Klausur oder wir ließen es gut sein.
Wir reden Klartext. Wir richten den Blick nach vorn, und optimieren unser Unternehmen stetig.
Das braucht es auch in der Landwirtschaft: Optimierung – operativ wie finanzwirtschaftlich.
Nur mit adäquater Planung – so viel wie nötig und so wenig wie möglich – ist es möglich,
rechtzeitig zu agieren und zu reagieren.
Machen Sie weiter, weil Sie müssen? Oder weil Sie wollen? Oder weil Sie sich immer wieder aufs neue dafür entscheiden, Unternehmer zu sein?
Sie entscheiden sich dafür.
Der Blick nach vorne auf die Möglichkeiten der Zukunft gehört zum Selbstverständnis eines Unternehmers.
Selbstverständlich Chancen erkennen.
Selbstverständlich auch unternehmerisches Risiko in Kauf nehmen.
Entscheiden und umsetzen.
Tun.
Sich selbst und seinem Umfeld Perspektiven schaffen.
Kirchdorf, im Oktober 2015